Silber ist beliebt wie lange nicht mehr: So flossen laut dem aktuellen Marktbericht des Silver Institute in den ersten sechs Monaten dieses Jahres rund 95 Millionen Unzen in Silber-ETCs. Damit wurde das gesamte Jahresvolumen von 2024 bereits überschritten.
Inzwischen halten diese Anlagevehikel mehr als 1,13 Milliarden Unzen. Die Folge: Ihr Marktwert erreichte erstmals in der Geschichte die Marke von 40 Milliarden Dollar. Die Nettomittelzuflüsse verliefen dem Bericht zufolge bis Mai relativ konstant, ehe es im Juni zum kräftigsten monatlichen Zuwachs seit Anfang 2021 kam.
Bergauf ging es zuletzt auch mit dem Preis: Seit Jahresbeginn weist der Kurs des Industrie- und Edelmetalls ein Plus von etwa 34 Prozent auf. Und mit zuletzt knapp 40 Dollar je Unze ist der Silberpreis auf den höchsten Stand seit etwa 14 Jahren gestiegen. Die Gründe für die Hausse sind vielfältig. Zum einen ist da die geopolitische Lage im Nahen Osten, die dem Edelmetall als klassischem Krisen-Asset neue Impulse verleiht. Zwar wurde zwischen Israel und dem Iran ein Waffenstillstand vereinbart, doch die Lage bleibt fragil. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) äußerte jüngst deutliche Zweifel an einer nachhaltigen Unterbrechung des iranischen Atomprogramms – trotz der gezielten US-Luftangriffe.
Zugleich verschärft die Weigerung Teherans, mit der IAEA kooperativ zusammenzuarbeiten, die Spannungen. Angesichts des ungelösten Konflikts zwischen Israel und der Hamas sowie des zunehmend konfrontativen Kurses zwischen Teheran und Washington bleibt die geopolitische Lage unsicher.
Geopolitik trifft Technologietrend: Silber profitiert doppelt
Zudem vereint Silber zwei Eigenschaften, die es für Investoren derzeit besonders attraktiv macht: Als günstigeres Gegenstück zu Gold gilt es in Krisenzeiten zum einen als sicherer Hafen. Gleichzeitig ist es ein essenzieller Rohstoff in zahlreichen Industriezweigen – insbesondere in der Solarbranche. Der weltweit vorangetriebene Ausbau der Solarkapazitäten lässt die Nachfrage deutlich steigen, da Silber für hocheffiziente Solarzellen unverzichtbar ist. In China und Schwellenländern wie Indien sorgen milliardenschwere Subventionen für zusätzlichen Schwung, sodass die Nachfrage in beiden Ländern weiter kräftig zulegen dürfte.
Auch von der Währungsseite erhält Silber aktuell Rückenwind. Nach einer kurzfristigen Erholung geriet der Dollar erneut unter Druck. Hintergrund ist das unlängst verabschiedete Steuer- und Abgabepaket der US-Regierung, das zwar Steuererleichterungen für Unternehmen vorsieht, aber gleichzeitig mit einer deutlichen Anhebung der US-Schuldenobergrenze einhergeht. An den Devisenmärkten wurde dies als Signal für eine weiter zunehmende fiskalische Belastung gewertet – der Greenback verlor spürbar an Wert gegenüber Euro und anderen Leitwährungen.
Für Anleger außerhalb des Dollar-Raums wird Silber dadurch günstiger. Besonders in wachstumsstarken Märkten wie China und Indien könnte dies die physische Nachfrage zusätzlich beflügeln. Beide Länder zählen ohnehin zu den wichtigsten Treibern der globalen Silbernachfrage – sowohl im industriellen Bereich als auch im Investmentsegment.
Möglicher Kompromiss im Zollstreit dürfte Silberabsätze deutlich ankurbeln
Ein Bremsfaktor für den Silbermarkt bleibt derzeit das angespannte konjunkturelle Umfeld. Viele Industriekunden agieren angesichts der drohenden US-Strafzölle auf Importe aus China und der EU vorsichtig. Investitionen und Rohstoffeinkäufe – darunter auch Silber – werden teilweise verschoben.
Dennoch mehren sich die Anzeichen für eine mögliche Entspannung. Im Konflikt zwischen den USA und China sind vorsichtige Annäherungen erkennbar. Auch die Gespräche zwischen Washington und Brüssel verlaufen zunehmend konstruktiv, trotz der näher rückenden Frist.
Sollte es zu einer Rahmenvereinbarung kommen, könnte das die industrielle Silbernachfrage deutlich beleben. Denn das weißglänzende Edelmetall spielt insbesondere in Zukunftsbranchen eine Schlüsselrolle: Ob in der Halbleiter- und Automobilindustrie oder in der Energietechnologie – aufgrund seiner einzigartigen physikalischen Eigenschaften bleibt Silber ein zentraler Baustein moderner Wertschöpfungsketten.