Es war ein historischer Moment, als der Goldpreis Anfang Oktober erstmals die Marke von 4.000 Dollar pro Unze überschritt
Bei 4.381 Dollar erreichte das Edelmetall wenig später das höchste Niveau seiner Geschichte – angetrieben von Euphorie und der Suche vieler Investoren nach Sicherheit.
Rückenwind erhielt die Rally auch vom sogenannten Debasement-Trade: Angesichts der steigenden US-Staatsverschuldung und der Sorge um die Stabilität des Dollars flüchteten viele Anleger in den „sicheren Hafen“ Gold. Hinzu kam ein massives „FOMO“-Momentum – die „Fear of missing out“. Nach einem historischen Höhenflug wollten viele Investoren nicht außen vor bleiben.
Gold legt einen Boxenstopp ein
Doch die Rally endete abrupt. Am 22. Oktober erlebte Gold mit einem Minus von rund sechs Prozent den stärksten Tagesverlust seit zwölf Jahren. Zwischenzeitlich fiel der Goldpreis deutlich unter die Marke von 3.900 Dollar je Feinunze; und seit dem Rekordhoch am 20. Oktober hat das Edelmetall mehr als zehn Prozent an Wert verloren. Einer der Auslöser für den Abverkauf: Die vorläufige Einigung von US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping im Handelsstreit.
Dieses Agreement bremste die Nachfrage nach vergleichsweise sicheren Anlagen wie Gold, das in einem Umfeld geringerer geopolitischer Spannungen als klassische Krisenwährung an Zugkraft verliert. Hinzu kommt, dass mit dem Ende der indischen Festsaison ein wichtiger Nachfragetreiber aus dem Schmucksektor wegfiel. Gewinnmitnahmen, nervöse Verkäufe und algorithmische Handelsstrategien, die auf Trendbrüche reagieren, verstärkten den Preisrutsch.
Günstige Gelegenheit?
Angesichts des Wechselspiels aus Euphorie und Ernüchterung fragen sich nun viele Anleger, welche Richtung der Goldpreis künftig einschlagen könnte. Kurzfristig könnte die Konsolidierung noch weitergehen. Verharrt der Preis nun erst einmal unter der Marke von 4.000 Dollar, halten Analysten einen Rückgang auf 3.500 bis 3.600 Dollar für möglich. Für langfristig orientierte Anleger muss das jedoch kein schlechtes Signal sein, zumal das Vertrauen in Gold weiterhin hoch ist. Historisch betrachtet sind solche Phasen häufig günstige Einstiegsgelegenheiten gewesen.
Zudem bleiben auch die fundamentalen Treiber für Gold intakt. Die geopolitische Unsicherheit bleibt hoch, die Weltwirtschaft schwächelt, und die Märkte rechnen mit einer Lockerung der US-Geldpolitik, die auch den ohnehin schon schwachen Dollar weiter belasten könnte. Eine Folge: Seit 2022 haben Zentralbanken ihre Goldreserven bereits mehr als verdoppelt und bleiben weiter auf der Käuferseite. Laut World Gold Council liegen ihre Käufe deutlich über historischen Niveaus. Besonders aktiv zeigen sich dabei Notenbanken aus den Schwellenländern, die im internationalen Vergleich nach wie vor unterinvestiert sind und nun ihre Bestände systematisch aufstocken.
Auch die Verschuldungslage der Industriestaaten bleibt ein struktureller Treiber. Die Ratingagentur S&P stufte jüngst die Bonität der USA herab, mit dem Verweis auf zunehmende Defizite und eine Erosion der fiskalischen Disziplin. Nach Einschätzung der Analysten dürfte die US-Staatsverschuldung bis 2030 auf 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen – gegenüber 122 Prozent im Jahr 2024.
Langfristig lukrativ
Zum Vergleich: Viele andere Industriestaaten liegen deutlich darunter. US-Präsident Donald Trump setzt gleichzeitig auf niedrige Zinsen, um die Finanzierungskosten tragbar zu halten – und erhöht damit indirekt den Druck auf die Federal Reserve. Weil Gold selbst keine Zinsen abwirft, zugleich jedoch als risikofrei gilt, steht es in direkter Konkurrenz zu verzinsten sicheren Anlagen – allen voran zu US-Staatsanleihen. Fallen die Zinsen, sinkt auch die Realrendite, wodurch sich Goldinvestments wieder mehr lohnen.
Auch wenn die extreme Rally vorerst ins Stocken geraten ist, es gibt eine Menge gute Gründe, weshalb der langfristige Ausblick positiv bleibt.