Silber steuert auf das größte Angebotsdefizit der vergangenen zehn Jahre zu
Schon im vergangenen Jahr war der Silbermarkt um 237,7 Millionen Unzen unterversorgt. Der Grund für das enorme Defizit: Eine steigende Gesamtnachfrage bei gleichzeitig stagnierendem Gesamtangebot. Mit 556,5 Millionen Feinunzen erreichte die Nachfrage sogar den höchsten Stand aller Zeiten. Und in diesem Jahr rechnen Edelmetallexperten mit einem Anstieg um weitere 3,6 Prozent auf 576,4 Millionen Unzen.
Kräftig steigende Silbernachfrage in Sicht
Vor allem der Bereich regenerative Energien weist einen kräftig gestiegenen Bedarf auf, könnte die Nachfrage in diesem Jahr doch um 28 Prozent auf 161,1 Millionen Unzen zulegen. Das Edelmetall gilt als einer der großen Profiteure des Übergangs von fossilen Brennstoffen hin zu grüner Energie.
Zunehmenden Bedarf melden aber auch andere Sektoren. Laut des Londoner Beratungsunternehmens Oxford Economics könnte die Silber-Nachfrage in der Industrie-, Schmuck- und Silberwarenbranche in den nächsten zehn Jahren um 42 Prozent steigen – und damit in etwa doppelt so schnell wie in den vergangenen zehn Jahren.
Trotz der zunehmenden Verknappung hat Silber seit Jahresanfang aber nicht an Glanz gewonnen, im Gegenteil: Seit Anfang Januar büßte der Silberpreis knapp 4 Prozent an Wert ein, wobei vor allem die weltweit deutlich gestiegenen Zinsen dem Edel- und Industriemetall zu schaffen machten. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber: Sobald sich ein Ende des Zinserhöhungszyklus abzeichnet, sollten fundamentale Entwicklungen wie der stetig steigende Bedarf den Silberpreis stärker beeinflussen.
Hoffen auf die Fed
Zwar gab US-Notenbankchef Jerome Powell zuletzt den Märkten noch nicht das erhoffte Signal, wonach der Zinsgipfel inzwischen erreicht sein könnte. Die Währungshüter seien „nicht überzeugt“, dass das Niveau zur Bekämpfung der Inflation ausreichend restriktiv sei, erklärte Powell in einer Rede auf einer Konferenz des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington.
Aber: Die jüngst veröffentlichten US-Inflationsdaten signalisieren eine andere Entwicklung und könnten den obersten US-amerikanischen Währungshüter sogar dazu veranlassen, mittelfristig die Zinsen zu senken. Schließlich ist im Oktober die Teuerung stärker gesunken als erwartet. Die Verbraucherpreise in der weltgrößten Volkswirtschaft stiegen um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, nach 3,7 Prozent im September. Zudem gab auch die für die geldpolitischen Entscheidungen noch wichtigere Kerninflationsrate – die Lebensmittel- und Energiepreise nicht berücksichtigt – unerwartet um 0,1 Prozentpunkte auf 4,0 Prozent nach.
An der Wall Street fragt man sich daher nun nicht mehr, ob die Fed die Zinsen nochmal anheben, sondern wann sie den Schlüsselzins erstmals senken wird. Für die Sitzung im März 2024 wird bereits eine Wahrscheinlichkeit von 30 Prozent gesehen.
Für Anleger, die auf einen steigenden Silberpreis hoffen, sind das keine allzu schlechten Aussichten. Denn: Zum einen könnte mit dem möglichen Ende der restriktiven US-Geldpolitik beziehungsweise dem Start einer expansiven Geldpolitik der Dollar schwächeln – und dies wiederum macht Silber für alle Anwender und Anleger aus dem Nicht-Dollar-Raum attraktiver. Schließlich wird Silber rund um den Globus fast ausschließlich in Dollar gehandelt. Hinzu kommt: Sinken die Zinsen, reduziert sich in der Regel die Nachfrage nach festverzinslichen Anlagen, während Gold und Silber, die keine regelmäßigen Zahlungen wie Kupons bieten, stärker nachgefragt werden.
Günstige Gelegenheit
Dass Silber auf dem derzeitigen Niveau noch Luft nach oben haben könnte, zeigt nicht zuletzt der Vergleich mit seinem großen Bruder. So liegt das Gold-Silber-Verhältnis mit aktuell rund 85 über dem langjährigen Schnitt von 66. Würde dieser erreicht, müsste eine Unze Silber – bei unverändertem Goldpreis – knapp 30 Dollar kosten.