Während der Goldpreis Ende April erstmals in der Geschichte die Marke von 3.500 Dollar je Unze erreichte, notiert Silber ein gutes Stück unter seinem Jahreshoch
Auch im Vergleich zum Anstieg des Goldpreises um etwa 25 Prozent seit Jahresbeginn hinkt Silber mit einem Plus von rund zwölf Prozent hinterher.
Dass Silber schon seit geraumer Zeit das Nachsehen hat, zeigt sich auch beim Gold-Silber-Verhältnis, das mit 107 zuletzt kurzzeitig auf den höchsten Stand seit der Coronakrise gestiegen ist. Im langfristigen Durchschnitt lag das Verhältnis lediglich zwischen 60 und 65. Diese Kennzahl gibt an, wie viele Unzen Silber erforderlich sind, um den Wert einer Unze Gold zu erreichen. Experten sehen in dem hohen Wert ein Kaufsignal für Silber, weil eine Rückkehr zum Durchschnittsverhältnis meist mit einer relativen Preissteigerung bei Silber einhergeht.
Künstliche Intelligenz und Energiewende stützen Nachfrage
Zwar bedarf es des Blicks in die Kristallkugel, um den weiteren Verlauf der Silberpreises vorherzusagen – und der ist naturgemäß nicht allzu zuverlässig. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Silber auf dem aktuellen Niveau noch Luft oben hat, ist so gering nicht. So erreichte die industrielle Silbernachfrage 2024 mit 680,5 Millionen Unzen zum vierten Mal in Folge ein Rekordniveau. Vor allem grüne Technologien und künstliche Intelligenz sorgen für eine anhaltende hohe Nachfrage. Elektrofahrzeuge, Netzmodernisierung und Photovoltaik zählen zu den wichtigsten Treibern. Jüngstes Beispiel: In China wurden zwischen Januar und März dieses Jahres 59,7 Gigawatt an Solarkapazität zugebaut, was einem Anstieg von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht und die kumulierte installierte Gesamtleistung auf 950 Gigawatt erhöht.
Hinzu kommt ein wachsender Bedarf durch KI-basierte Unterhaltungselektronik, die Silber in Sensoren und Verbindungselementen benötigt. Zudem profitiert Silber von den weltweit steigenden Verteidigungsausgaben. Hier kommt das Edelmetall in einer Vielzahl technologischer Schlüsselbereiche zum Einsatz – von Radar- und Kommunikationssystemen über Raketensteuerungen bis hin zu sensorgestützten Aufklärungstechnologien und Drohnentechnik.
Silbermarkt bleibt unterversorgt
Dass laut dem Ende April erschienenen World Silver Survey 2025 des Analysehauses Metals Focus der Silbermarkt auch in diesem Jahr unterversorgt bleibt, ist daher keine allzu große Überraschung. Das Angebotsdefizit am Silbermarkt wird auf rund 117 Millionen Unzen geschätzt, während die industrielle Silbernachfrage in diesem Jahr mit rund 677,4 Millionen Unzen relativ stabil bleiben dürfte. Die Nachfrage nach Münzen und Barren wiederum könnte sich nach zwei schwachen Jahren teilweise erholen. In Europa könnte es zu einer leichten Erholung kommen – angeführt von Deutschland, wo sich nach zwei Jahren starker Rückgänge eine Normalisierung einstellt.
Auf der Angebotsseite könnten Handelsrisiken wie neue US-Zölle oder globale Spannungen zusätzlichen Druck auf Lieferketten ausüben und die Verfügbarkeit von Silber verringern. Die Versorgungslage ist bereits angespannt, da die weltweite Silberminenproduktion zwischen 2016 und 2023 um durchschnittlich 1,4 Prozent pro Jahr gesunken ist.
Zusammenfassend gehen die Analysten von Metals Focus davon aus, dass das Angebotsdefizit am Silbermarkt noch mehrere Jahre anhalten wird – was sich entsprechend positiv auf den Preis auswirken könnte, kurzfristige Kursdellen inklusive. Das Rohstoffanalysehaus zeigt sich in seinem aktuellen Jahresbericht zuversichtlich, dass Silber in den kommenden Monaten das im vergangenen Oktober erreichte Zwölfjahreshoch von knapp 35 Dollar je Feinunze übertreffen dürfte.