Bislang kann die Fed nur am Seil ziehen, drücken kann sie es nicht
Alternativ könnte die US-Notenbank noch mehr Staats- bzw. hypothekenbesicherte Anleihen aufkaufen, um deren Zinssätze noch konjunkturfreundlicher zu gestalten. Und sie könnte ebenso Unternehmen über den voluminösen Erwerb ihrer Anleihen geradezu in Kreditangeboten ersäufen. Oder sie liberalisiert die Kreditrestriktionen für mittlere und kleine Unternehmen weiter. Aber warum sollten Unternehmen die zinsgünstigste Liquidität aufnehmen oder investieren, wenn die volkswirtschaftlichen Renditen unsicher sind? Warum trinken, wenn die Finanzpolitik nicht durstig macht?
Doch wäre Amerika nicht Amerika, wenn sich die wirtschaftspolitische Diskussion nicht auch in dieser Frage weiterentwickeln würde. Die USA sind pragmatisch wie Handwerker, die falsch abgemessen haben und sich daher nach dem Motto verhalten „Was nicht passt, wird passend gemacht“.
Um die Fed wirklich zum Schutzpatron der US-Volkswirtschaft zu machen, wird bereits gefordert, der Kongress möge ihr ein eigenes Instrument zur Rezessionsbekämpfung an die Hand geben. So könne sie im konjunkturellen Notfall ohne politische Reibungsverluste unverzüglich eingreifen. Der US-Notenbankchef würde sozusagen zum (h)eiligen Vater.
Konkret solle sie über ein Auszahlvolumen von mindestens einem Prozent der amerikanischen Wirtschaftsleistung verfügen. Gedrückt würde der Auszahlungsknopf, wenn die Inflation und/oder die Arbeitslosigkeit bestimmte Niveaus unter- bzw. überschreiten. Im heutigen Zeitalter der Digitalisierung würden diese Mittel dann ruckzuck wie beim „Beamen“ auf dem Raumschiff Enterprise in den Apps der Haushalte und Firmen hinterlegt. Und damit diese Gelder bloß schnell konsum- bzw. investitionswirksam werden, könnte man ihre Gültigkeit wie Gutscheine auch noch zeitlich eng befristen.
Die Fed als volkswirtschaftlicher Komplettversorger
So gäbe es auch einen Schub für die Re-Inflationierung, die auch dringend erforderlich ist. Denn das Geld, das die Fed ausgibt, sind ja weitere neue amerikanische Schulden. Wie anders will man dem jüngsten Schulden-Gericht noch entkommen, wenn nicht die Verbindlichkeiten Amerikas weginflationiert werden?
Und auch an dieser Front zeigt sich die Fed wohltätig. Mit dem Aufkauf von Staatspapieren wirkt sie zunächst nachhaltigen Renditesteigerungen entgegen.
Gleichzeitig treibt der konjunkturwirksame Anleiheerwerb die Inflationserwartungen nach oben.
Beide Effekte zusammen sollen schließlich das gewünschte Ergebnis bringen: Die Schuldzinsen nach Inflation in negatives Terrain befördern und dort auch halten. Dann gelingt das große Schuldenfressen.
Die US-Notenbank als stets verfügbare Feuerwehr
Mit der Aufhebung der Trennung zwischen unabhängiger Geldpolitik als Bremse gegenüber einer stabilitätslosen, weil zu ausgabefreudigen Finanzpolitik würde jedoch der Rubikon überschritten. Denn konjunkturell brennt es doch immer irgendwie und irgendwo, oder? Würde nicht jeder US-Präsident immer die Person an die Spitze des Fire Extinguish Departement (abgekürzt FED) setzen, der als kümmernder Feuerwehrhauptmann schon eine Streichholzschachtel als Brandrisiko einstuft und vorbeugend gelöscht werden muss? Seiner Wiederwahl würde es bestimmt nicht schaden.
Letzten Endes zählt für Amerika jedoch nur Wirtschaftswachstum. Ohnehin haben Politiker vor nichts mehr Angst als vor perspektivlosen Menschen, die die Straße unkontrollierbar machen. Im Krieg gegen konjunkturelle Risiken sind auch zukünftig unorthodoxe, auch geldpolitische Instrumente nicht auszuschließen. Wenn man die fortgesetzte „Säkularisierung“ der Fed in den letzten Jahrzehnten betrachtet, kann man schwerlich anderer Meinung sein. Nicht zuletzt, für Stabilitätskriterien germanischer Art interessiert sich der Otto-Normal-Amerikaner wie der Veganer für Mettbrötchen.
Wir werden den weiteren konjunkturellen Machtzuwachs der Fed beobachten. In der Zwischenzeit ist sie zumindest schon an den Finanzmärkten allmächtig.